Radolfzell ist eine Kleinstadt am Bodensee. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde hier eine Kaserne für die Waffen-SS erbaut und 1937 bezogen. Von ihr gingen in folgenden Jahren Verbrechen aus - bis weit über die Region hinaus.
Die Radolfzeller SS sprengte in der Region Synagogen, deportierte Jüdinnen und Juden in Konzentrationslager, war am 'Anschluß' von Österreich, der Besetzung der Sudetendeutschen Gebiete, der Zerschlagung der Tschechoslowakei und dem Überfall auf Polen beteiligt.
In der Radolfzeller Kaserne war von 1941 bis 1945 ein Außenkommando2 des KZ Dachau integriert.3
Beinahe 65 Jahre lang wurde darüber weitgehend geschwiegen. Erst in den letzten zehn Jahren änderte sich das. So wurden 2010 ein vielbeachtetes, neues Theaterstück aufgeführt, ein Dokumentarfilm gedreht und seit 2014 in der Stadt Stolpersteine für die Opfer des Nationalsozialismus verlegt, worüber in der Presse jeweils ausführlich berichtet wurde.
Mehr zur historischen Aufarbeitung der NS-Zeit und dem Gedenken in Radolfzell findet sich in der Chronologie.
Dokument des Monats
Am Ufer - Die Synagoge von Wangen in der fotografischen Überlieferung
"Wangen am Untersee", mit der Synagoge am Ufer. Kolorierte, montierte (Raddampfer "Neptun") Fotografie. Zeitgenössische Ansichtskarte, um 1909. Sammlung Markus Wolter / Wikimedia Commons.
Die Synagoge im Luftbild (Sting, Tübingen), um 1930. Zeitgenössischen Ansichtskarte (Ausschnitt). Sammlung Markus Wolter
Von der 1938 durch Radolfzeller SS zerstörten Synagoge gibt es außer solcher Zufallsfunde auf "Ansichtskarten" nur eine einzige überlieferte Fotografie, welche die "malerisch gelegene Synagoge" selbst zum Motiv hat und die 1927 als Postkarte (s.u.) anlässlich der 100-Jahrfeier der Einweihung Verwendung fand; erstveröffentlicht wurde sie in einem Artikel im "Israelitischen Familienblatt" (Hamburg, Beilage) vom 26. August 1926: "Aus jüdischen Gassen 45. Wangen am Untersee" von Bezirksrabbiner Dr. Hermann (Chaim) Chone, Konstanz.
"Die malerisch gelegene Synagoge". Fotografie 1926, Urheber unbekannt.
Hauptstaatsarchiv Stuttgart 99/001 Bü 305 Nr. 1845
Darüber hinaus sind mindestens vier weitere zeitgenössische Fotografien in der Sammlung Gert Wolf (geb. 1928) überliefert; sie zeigen die Ostseite der Synagoge vom ehemaligen Frauenbad am Seeufer her (um 1910), das Eingangstor an der Westseite und den Innenraum der Synagoge mit dem Thoraschrein (um 1935).
Quelle: Hegau. Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein, Donau und Bodensee. Jahrbuch 64 (2007). Themenband "Jüdische Kultur im Hegau und am See". Hegau-Geschichtsverein, Singen 2007, S. 67 f.
Bislang haben sich weder bauliche Relikte noch Fotografien der zerstörten Synagoge gefunden, die am 10. November 1938 in Brand gesetzt und danach restlos abgetragen wurde.
Ein Teil des Thoraschmuckes der Synagoge konnte gerettet werden und kam in den Betsaal der Jüdischen Gemeinde in Kreuzlingen (CH). Nach der Auflösung des Betsaales der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen im Herbst 2009 wurde dieser Thoraschmuck dem Jüdischen Museum der Schweiz in Basel als Dauerleihgabe übergeben.
Es lässt sich vermuten, dass die Synagogenfundamente bzw. Fundamentreste noch im Untergrund des profanierten Areals vorhanden sind; bis heute wird das Seegrundstück als Campingplatz genutzt.
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde und Synagoge von Wangen: https://www.alemannia-judaica.de/wangen_am_see_synagoge.htm